Paradigmenwechsel im Hochbau
Mittwoch, 09.10.2024
Risiken und Chancen für die Bauzulieferindustrie
Eine neue Kurzstudie von S&B Strategy zeigt: Nach über 15 Jahren stetiger Premiumisierung im Hochbau zeichne sich im Neubausegment ein klarer Wandel ab. Die Branche stehe vor einer schleichenden Commoditisierung, die durch verschiedene Faktoren angetrieben wird. Besonders im Bereich des Neubaus ist ein veränderter Gebäudemix, die wachsende Verhandlungsmacht der Anwender*innen und der anhaltende Baukostendruck dafür verantwortlich, dass sich der Fokus von Premiumprodukten hin zu standardisierten Lösungen verlagere.
Wachstumstreiber der historischen Baukosten wären neben zusätzlichen Kosten in der Wertschöpfungskette, z.B. höhere Materialpreise, vor allem auch die Aufwendungen für CO2-einsparende Maßnahmen in und an Gebäuden, steigender Schallschutz sowie ein Übermaß an Installationen gewesen. Aufgrund der genannten Entwicklungen, einem stärkeren Fokus auf Vorfertigungsgrade und einer Senkung der Standards durch einen unterschiedlichen Gebäudemix, würden die Baukosten für Roh- und Ausbau spätestens ab 2025 um rund 4% jährlich sinken. Dabei bestünden große Unterschiede zwischen den einzelnen Gewerken – während klassische Commodities weniger betroffen sind, steigt der Druck umso mehr bei hochwertigeren Produkten, welche die Baukosten treiben.
Zusätzlich verschärfe sich der Fachkräftemangel in den ausführenden Gewerken erheblich. Dies führe nicht nur zu einer Konsolidierung in den Bauunternehmen, sondern auch zu einem Anstieg der Verhandlungsmacht gegenüber Handel und Bauzulieferindustrie. Gleichzeitig werde erwartet, dass die Kapazität in der Bauausführung weiter abnehmen wird. Allerdings wird sozialer Wohnungsbau massiv gefördert, was zu einem Rückgang der Quadratmeterpreise im Neubausegment führen könnte. In der Folge wird der Preisdruck auf den Hochbau weiter zunehmen.
Im Durchschnitt stünden Unternehmen der Bauzulieferindustrie zunehmend vor der Herausforderung, steigende Materialpreise an ihre Kund*innen weiterzugeben. Zusammen mit möglichen Einkaufspreissteigerungen und steigenden Kosten für Bürokratie und Marktkomplexität ergeben sich hieraus erhebliche Profitabilitätsrisiken für viele Hersteller. Vor allem breit aufgestellte Hersteller mit einem umfangreichen Produktmix und hohen Volumen im Preiseinstiegssortiment seien gefährdet, da sie ihre Margen über höherpreisige Produktgruppen sichern müssen.
Etwaige Kostensteigerungen, die durch überproportionale Lohnsteigerungen in der Bauplanung und Ausführung entstehen, werden voraussichtlich nicht oder nur teilweise in der Bauzulieferindustrie ankommen, wodurch mögliche Preissteigerungen begrenzt bleiben. Dies stellt eine weitere Herausforderung für die gesamte Branche dar.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, müssten Unternehmen der Bauzulieferindustrie ihre strategische Ausrichtung klar definieren. Unternehmen, die entweder durch Kosten- oder Effizienzführerschaft oder durch hohe Spezialisierung mit entsprechenden Preispremiums punkten, hätten die besten Chancen, den steigenden Preisdruck erfolgreich abzufedern. Unternehmen hingegen, die sich in einer Position zwischen diesen beiden Ansätzen befinden, laufen Gefahr, weiter unter Margendruck zu geraten und an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren.
In einer Zeit, in der Baukosten hoch, Fachkräfte knapp und soziale Bauvorhaben gefördert sind, werde der strategische Umgang mit diesen Veränderungen über den Erfolg in der Branche entscheiden. Die Bauzulieferindustrie müsse sich zügig anpassen, um auf die neuen Marktanforderungen vorbereitet zu sein.
Die Studie ist kostenfrei unter https://www.sandb-strategy.com/publikationen/studien/Paradigmenwechsel-im-Hochbau einsehbar.