29. VFT-Branchentreff
Donnerstag, 23.05.2024
Fassadentechnik im Wandel der Zeit
Ende November 2023 fand das traditionelle Jahresseminar des Verbandes für Fassadentechnik VFT zum 29. Mal statt. Mehr als 330 Expert*innen aus der Fassadenbranche – Planer*innen, Metall-/Fassadenbauer*innen, Vertreter*innen von Systemhäusern sowie Studierende der DHBW Mosbach, der Technikakademie Northeim und der staatlichen Fachschule für Bau- und Glasbautechnik Vilshofen – waren nach Wiesbaden-Niedernhausen gekommen.
Hugo Philipp, der 1. VFT-Vorsitzende, zeigte in seiner Begrüßungsrede die Herausforderungen der Fassadenbranche um hohe Energiekosten, Materialknappheit und Fachkräftemangel auf. Dabei sei die Ausbildung ein Schlüsselfaktor für die Zukunft und auch eine Herzensangelegenheit des VFT, betonte Hugo Philipp. „Wir engagieren uns seit vielen Jahren für die Weiterbildung junger Menschen im Fassadenbereich und haben auch diesmal wieder viele Studierende bei unserem Seminar dabei. Ein Dankeschön allen Sponsoren, die die Teilnahme der Studierenden ermöglichen.“ Durch den lahmenden Neubau werde die Fassadensanierung verstärkt in den Blickpunkt gerückt, was vor allem für das Bauen im Bestand noch viele Potenziale für nachhaltige Fassaden- sowie auch intelligente Recyclingkonzepte birgt.
Foto: Foto Halisch
Anschließend sprach RA Dr. jur. Rainer Koch (Dr. Koch Dorobek & Kollegen) über Komplikationen und Verzug bei Bauprojekten. Der Rechtsanwalt erklärte mithilfe der aktuellen Rechtsprechung und anschaulichen Beispielen, welche terminlichen und finanziellen Folgen aus diesen Bauablaufstörungen in der Praxis entstehen können und wie sie zu vermeiden sind.
Nachhaltige Bauweise: Grünfassaden und ressourcenschonende Materialien
Prof. Dr.-Ing. Holger Techen von der Frankfurt University of Applied Sciences widmete sich in seinem Vortrag dem zukunftsweisenden Thema der Grünfassaden. Er stellte verschiedene vertikale Begrünungssysteme vor und zeigte erfolgreiche Projekte aus Singapur. Grünfassaden würden je nach Standort und Anforderung Lärm reduzieren, die Biodiversität im urbanen Raum erhöhen oder die Innenraum-Temperaturen senken können. Zudem erläuterte er, wie solche Fassaden auch in europäischen Klimazonen effizient und klimafreundlich umgesetzt werden können.
Matthias Horn, Metallbaumeister und Berater für Architekten und Planer, hielt einen Vortrag zum Thema „Verwenden statt verschwenden – Weniger ist MehrWert“. Er plädierte für nachhaltiges und zirkuläres Bauen und zeigte anhand realisierter Projekte, wie ressourcenschonende Fassadenkonstruktionen mit recycelten Materialien funktionieren. Ein Schwerpunkt lag auf dem Einsatz von Sekundär-Aluminium und Recycling-Glas, um CO2-Emissionen deutlich zu reduzieren.
Dämmstoffe, Photovoltaik und Befestigungstechnik
Sascha Karallus (Deutsche Rockwool) und Benjamin Barthelmann (Sadlowsky GmbH) referierten über den ressourcenschonenden Umgang mit Dämmstoffen in Fassaden. Sie demonstrierten die Möglichkeit einer „minimalinvasiven“ Sanierung von bestehenden WDVS-Fassaden mit einem VHF-Sanierungskit und stellten das Recyclingsystem „Rockcycle“ vor, das Verschnittreste von Steinwolle wiederverwendet.
Heribert Ley, Geschäftsführer der Sunovation GmbH, sprach über „Photovoltaik in Fassaden“. Er erläuterte die Anforderungen an Planung und Einsatz und hob die vielfältigen Vorteile hervor, wie die Verbesserung der Energiebilanz, die Senkung der Betriebskosten und die ästhetischen Aspekte. Sein Credo lautete: „Keine Angst vor PV. Es ist nur eine Fassade und kein Hexenwerk.“
Zum Abschluss des ersten Seminartags beschäftigte sich Dipl.-Ing. Torsten Kühnert (fischer Deutschland Vertriebs GmbH) mit der optimalen Befestigungstechnik beim Bauen im Bestand. Er thematisierte die Herausforderungen bei der Verankerung in niederfestem Beton und stellte sowohl aktuelle technische Regeln als auch Sanierungsbeispiele aus der Praxis vor.
Algenreaktorfassaden und 3D-Planung mit BIM
Am nächsten Morgen führte Dr. rer. nat. Th. Warscheid (LBW Bioconsult) eine Reise durch die Klimageschichte aus geowissenschaftlicher Sicht. Neben CO2 spielten auch Faktoren wie Plattentektonik, polare Vereisungen, Meeresschwankungen, Vulkanausbrüche und Bevölkerungswachstum eine wichtige Rolle beim Klimawandel, so der Biologe. Er stellte in dem Zusammenhang eine Eigenentwicklung mit modularen Algenreaktoren vor, die CO2-Emissionen über Fassaden reduzieren kann. Warscheids Appell lautete, Fassaden als qualitativen Lebensraum und nicht nur als funktionalen Totraum zu betrachten.
Im Anschluss stand die digitale Planung von Fassaden im Fokus. Dipl.-Ing. Dipl.-Betriebswirt Dietmar Flach (ISD Software und Systeme GmbH) zeigte auf, wie ein durchgängiger 3D-Planungsprozess mit BIM aussehen kann. Anhand zahlreicher praxiserprobter 3D-Branchenlösungen veranschaulichte er zuverlässige Fassadenkonstruktionen.
Innovative Tageslichtsteuerung, moderne Beschlaglösungen und effiziente Vorabmontagezargen
„Daylight Optics – Revolution im Jalousienbau“: So lautete der Titel der Präsentation von Dr. Dipl.-Ing. Helmut Köster. Der Geschäftsführer der Köster Lichtplanung GmbH veranschaulichte, wie sich mit Spiegeloptiken das Tageslicht effizient lenken lässt. Anhand realisierter Bauvorhaben zeigte er, wie seine patentierte Technologie der Tageslichtlenkung sehr gute Abminderungsfaktoren in offener und gleichzeitig durchsichtiger Lamellenlage ermöglicht.
Max Kreileder (Wilh. Schlechtendahl & Söhne GmbH) sprach über die Sanierung und Nachrüstung von Bestandsfenstern und -fassaden mit modernen Beschlägen für Flügelgewichte bis zu 200 kg.
Zum Abschluss des Jahresseminars widmete sich Felix Sauerland (hilzinger Metallbau GmbH) dem Trend zur Vorabmontagezarge in Verbindung mit der Erhöhung des Vorfertigungsgrades.
Zum Vormerken im Kalender: Das 30. VFT-Seminar findet am 28. und 29. November 2024 in Wiesbaden Niedernhausen statt.